Geschichte der Johannisloge "Friedrich zur Standhaftigkeit" Halle (Saale)
aus einem Festvortrag von unserem Bruder M. zu unserem 119. Stiftungsfest
Die Freimaurerei hat in der Saalestadt Halle eine jahrhundertealte Tradition.
Bereits 1743 wurde die erste hallesche Freimaurerloge gegründet.
Vor der durch die Nationalsozialisten erzwungene Auflösung gab es hier immerhin schon fünf Freimaurerlogen mit über 1000 Mitglieder, die das Stadtgeschehen stark prägten. Denn viele bedeutende Persönlichkeiten gehörten dazu.
Unsere Loge wurde 1902 gegründet und löste sich am 20.07.1935 unter dem Druck der Nationalisten als letzte hallesche Loge auf.
Nach ihrer langen Verbotszeit in zwei Diktaturen konnte sie am 20.11.1992 reaktiviert und am 20.03.1993 wieder eingesetzt werden.
Unsere Loge kann heute zwar mit ihrer relativ geringen Mitgliederzahl nicht an die frühere Stärke von
über 200 Mitgliedern anknüpfen, doch bietet dies andererseits die Möglichkeit, in kleinem Kreise engere brüderliche und freundschaftliche Bande zu knüpfen.
Auch heute steht unsere Loge wiederum rechtschaffenen und gleichgesinnten Männern offen, die sich in dieser hektischen und zum Teil komplizierten Zeit nach einer kameradschaftlichen Atmosphäre, bei interessanten und offenen Gesprächen, sehnen.
Die Anfänge der Geschichte
Zu Beginn des 20 Jh. Bestanden in Halle zwar bereits zwei Freimaurerlogen, jedoch noch keine Tochterlogen der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland (GLLdFvD).
Zugereiste Brüder unserer Lehrart konnten sich daher entweder nur als „ständig Besuchende“ am Leben dieser beiden Logen beteiligen, oder sie besuchten eine andere auswärtige Loge ihrer Lehrart.
Dies wurde jedoch auf die Dauer von vielen „heimatlosen“ Brüdern als unzugänglich empfunden.
1902 trafen sich daher am 15.04.1902 mehrere Brüder zu einer ersten Besprechung in der Gaststätte Reichshof (heute Universitätsring 8) zusammen. Zunächst gründete man in dieser Versammlung als Vorstufe zur Johannesloge eine freimaurerische Vereinigung, auch „Kränzchen“ genannt.
Die erste Versammlung des neuen Vereins fand am 24.04.1902 im Restaurant des Hauptbahnhofs statt. Unter anderen wurde beschlossen, der neuen Vereinigung zur Erinnerung an den 1888 verstorbenen Kaiser und Ordensbruder Friedrich III, den Namen „Friedrich zur Standhaftigkeit“ zu geben.
Dann ging man mit Eifer an die Logengründung. Ab Oktober 1902 fanden Versammlungen im
Hotel „Goldener Ring“ auf dem Marktplatz statt, wo heute das neue Gebäude der Galeria Kaufhof steht.
Auch wenn der 13.11.1902 der eigentliche Gründungstag für die Johannesloge „Friedrich zur Standhaftigkeit“ war, so wurde doch beschlossen, in Gedenken an den gewählten Namenspatron „Friedrich“ den 05.11.1902 als Stiftungsdatum den Tag des viel zu früh verstorbenen Kaiser Friedrich III. zu wählen.
Die Einsetzung der neuen Loge war für den 18.03.1903 im Hotel „Goldener Ring“ angesetzt.
Doch wegen des plötzlichen Todes des Inhabers musste die Lichteinbringung in der Loge auf den 29.03.1903 verschoben werden. Denn es musste zunächst geeignete Räumlichkeiten für ein neues Domizil gefunden werden.
Das eigene Logenhaus
Die Einsetzung fand dann in der Halleschen Aktienbrauerei in der Dessauerstrasse statt. Für die sich anschließenden Festloge wurde der große Festsaal der Loge „Zu den drei Degen“ auf dem Jägerberg zur Verfügung gestellt.
Insgesamt erwiesen sich die neuen Räume in der Brauerei infolge des schnellen Wachstums der Loge und den regen Gebrauch der Arbeits-, Fest-, und Tafellogen bald zu klein.
Anfangs wollte die Loge Räume im Hotel „Goldener Ring“ am Markt 22 erwerben, entschied sich aber 1906 dafür, ein eigenes Grundstück zu kaufen.
Daher beschloss man im Frühjahr 1906, das von den Erben des verstorbenen Professors Kohlschütter für 99.000 RM angebotene Grundstück in der damaligen Karlstrasse 37 (jetzt Heinrich-und-Thomas-Mann-Straße 26) zu erwerben.
Ursprünglich hatte sich der Medizinprofessor und Stadtverordnete Ernst Kohlschütter 1876 die Villa nach den Entwürfen von Prof. Streitberg bauen lassen. Nachdem Ersterer 1905 gestorben war, erwarb am 6.5.1906 die Loge das Grundstück.
Der Kaufvertrag wurde am 06.06.1906 abgeschlossen. Zwar handelte es sich vom äußeren Anblick bei
der gekauften Villa um ein für Logenzwecke ehrwürdiges Gebäude, jedoch fehlten die Räumlichkeiten für einen Tempel, sowic cinen Speise- und Festsaal. Durch einen großen Anbau wurde unten ein Arbeitstempel und oben ein Fest- und Speisesaal errichtet.
Vor dem Eingang wurde ein Pentagramm in das Pflaster eingelassen, auf den beiden Treppenwangen zwei Sphinxen aufgestellt.
Die feierliche Einweihung des neuen Logenhauses fand am 15.11.1908 statt.
Die Logenmitglieder waren sehr stolz auf ihr eigenes Logenhaus. Damit waren endlich gute Bedingungen für würdige Tempelarbeiten, Bruder- und Festmahle geschaffen worden.
Musikalische Darbietungen während der Tempelarbeiten, Feiern und Musikabende spielten im Logenhaus eine große Rolle. Denn vergleichsweise besaß dic Loge damals viele Berufsmusiker und Sänger.
25.Stiftungsfest
Die glückliche Zeit ohne wirtschaftliche und andere größere Sorgen endete mit Beginn des Ersten Weltkrieges. Glücklicherweise fiel von den 30 zum Kriegsdienst Eingezogenen nur ein Bruder.
Dann lastete die Inflation schwer auf den Brüdern. Alle finanziellen Reserven waren aufgebraucht, die Stiftungen wurden alle entwertet. Zum Beispiel spendete ein Mitglied 10 Billionen Mark. Nachdem sich die wirtschaftliche Situation der Loge sich gebessert hatte, wurde am 06.11.1927 das 25.Stiftungsfest feierlich begangen.
Eine Erinnerungsmedaille an dieses Fest existiert in einem Privatarchiv.
Zu diesem Zeitpunkt besaß die Loge 140 einheimische, 13 ständig besuchende sowie 9 dienende Brüder.
In diesem Jahr wurde die Matrikelnr. 300 erreicht.
Der Neuanfang
Nach dem ersten Weltkrieg wurden die Freimaurer zunehmend angefeindet. Mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30.01.1933 erreichten die Anfechtungen ihren Höhepunkt. Die GLLFvD versuchte zunächst durch Anpassung dem drohenden Verbot zu umgehen.
Die Loge nannte sich nun „Deutsch-Christlicher Orden St. Johannes, Convent Halle/Saale“, genannt „Friedrich zur Standhaftigkeit“.
Die am 07.02.1934 durch die Loge beschlossene Auflösung wurde jedoch durch die Großloge abgelehnt. Erst vier Tage nach deren Schließung erfolgte dann am 20.7.1935 die endgültige Auflösung.
Am 01.04.1935 wurde das Logenhaus an die Universität für 55.000 RM verkauft. Die Universität hatte es wegen mangelnder Räumlichkeiten mit dem Umbau besonders eilig. Ein im Stadtarchiv befindliches Schreiben vom 15.4.1935 an die Baubehörde besagt, dass trotz Fehlens der Bauzeichnungen und der erforderlichen Genehmigung bereits vorher mit den Bauarbeiten begonnen wurde. Im Untergeschoss hielt damals die geografische Fakultät und im Obergeschoss die Musikwissenschaft Einzug.
Obwohl nach 1990 durch die Rückübertragung in die Rechtsträgerschaft der GLLFvD übergegangen, nutzte die hallesche Universität – nunmehr als Mieter weiterhin das Haus.
Sofort nach der Wende reaktivierten Brüder der Johannesloge „Zur Ceder“ in Hannover die hallesche Friedrichloge. Zunächst wurden für die Treffen Räume in dem Restaurant „Schweizer Hof“ genutzt.
Ab Ende 1997 bauten die Brüder das Souterrain im ehemaligen Logenhaus für ihre Zwecke aus. Am 21.03.1998 konnten dann die neuen Räume feierlich eingeweiht werden. Diese standen damals auch im Rahmen öffentlicher Gästeabende auch Nichtfreimaurer zur Verfügung.
Bis zum heutigen Tage wird an unserem Logenhaus immer weiter gearbeitet. Denn nichts ist vollkommen und alles ist verbesserungswürdig.